Patientenpfad-basiertes Qualitätsmanagement in integrierten Versorgungsnetzwerken

Zusammenfassung

Die Forderung nach integrierter Versorgung macht gleichzeitig ein institutionenübergreifendes Qualitätsmanagement notwendig. Patientenpfade eignen sich hierfür als Grundlage, da sie den gesamten Weg eines bestimmten Patiententyps durch ein Versorgungsnetzwerk beschreibt. Dazu bietet Care4Saxony eine methodische Unterstützung für die Nutzung von Patientenpfaden für das Netzwerk-Qualitätsmanagement an.

Abstract

The increasing demand for integrated care makes cross-institutional quality management necessary. Patient pathways are suitable as a basis for this, as they describe the entire journey of a particular patient type in a network of care providers. Care4Saxony offers methodological support for the use of patient pathways for network quality management.

Hintergrund

Die Forderung nach integrierter Versorgung macht gleichzeitig ein institutionenübergreifendes Qualitätsmanagement notwendig. Vor dem Hintergrund zunehmender Qualitätsanforderungen an Gesundheitsdienstleister und -netzwerke sowie von Pay-for-Performance Initiativen ist es erstrebenswert, die Qualität der Versorgung bereits während der Leistungserbringung entlang der Versorgungspfade evaluieren zu können. Hierfür wurde im Rahmen von Care4Saxony eine methodische Unterstützung für die Nutzung von Patientenpfaden für das Netzwerk-Qualitätsmanagement angeboten. Dieses Angebot richtet sich vorrangig an das Management zentraler Netzwerksteuerung, das Management von Gesundheitseinrichtungen, einzelne Leistungserbringer im Gesundheitsnetzwerk als auch an Kostenträger.

Was ist integrierte Versorgung?

Zusammenfassen lässt sich integrierte Versorgung als die patientenzentrierte, koordinierte Versorgung eines Individuums entlang des Kontinuums von Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention, Diagnose, Behandlung, Krankheitsmanagement, Rehabilitation und Palliativmedizin über die Sektorengrenzen (ambulant und stationär) hinweg und unter Einbeziehung professioneller und informeller Leistungserbringer (z. B. pflegende Angehörige) sowie Sozialdienstleister. Ziel ist es, die Qualität, den Zugang, die Patientenzufriedenheit und die (Kosten-)Effizienz der Gesundheitsversorgung zu erhöhen.

Was sind Gesundheitsnetzwerke?

Ein Gesundheitsnetzwerk ist der Zusammenschluss einer begrenzten Anzahl rechtlich selbstständiger Leistungserbringer im Gesundheitswesen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen und ihre Leistungen dementsprechend koordinieren. Die Steigerung der Qualität hinsichtlich der medizinischen und pflegerischen Versorgung, Kompetenzen, Betriebswirtschaft, Zeitmanagement sowie Patientenzufriedenheit bei gleichzeitiger Risiko- und Ressourcenteilung sind die wesentlichen Gründe für die Bildung von Gesundheitsnetzwerken. Gesundheitsnetzwerke können integrierte Versorgungsszenarien implementieren.

Was sind Patientenpfade?

Patientenpfade (engl. patient pathways) sind Werkzeuge zur Planung und Steuerung des Versorgungsprozesses von Patiententypen komplexer, insb. chronischer Erkrankungen und individueller Patienten solcher Patientengruppen. Patientenpfade beschreiben die einzelnen Phasen entlang des gesamten Versorgungskontinuums für diese Patiententypen in einem Versorgungsnetzwerk (z.B. von Screening und Gesundheitsvorsorge über Diagnose, Behandlung, Nachsorge, Rehabilitation oder Palliativversorgung). In Patientenpfaden sind insb. Ziele, Meilensteine, Aktivitäten, Beteiligte und Entscheidungspunkte der Versorgung beschrieben. Sie unterstützen die partizipative Entscheidungsfindung von Patientinnen und Patienten zusammen mit einem multidisziplinären Versorgungsteam.

Methode zum patientenpfad-basierten Qualitätsmanagement in integrierten Versorgungsnetzwerken

Wie Netzwerk-Qualitätssystematik aufgebaut und in Patientenpfade in Form von Prozessmodellen integriert werden können, um sie für ein kontinuierliches, pfadbasiertes Qualitätsmanagement von integrierten Gesundheitsnetzwerken zu nutzen, wird mit der Pa2QM (Patient Pathways for Quality Management) Methode beschrieben und unterstützt. Sie unterteilt sich in drei Bereiche, die im Folgenden detailliert und in der Abbildung dargestellt werden.

Qualitätsindikatoren und Pfadbereitstellung

Die Pa2QM-Methode sieht folgende vier Schritte zur Entwicklung eines Netzwerk-QI-Schemas und zur Vorbereitung der Integration der verwendeten Qualitätsindikatoren (QI) in Patientenpfade vor:

Nr.BezeichnungKurzbeschreibungHilfsmittel
1Festlegung der QualitätszieleDie Versorgungs- und Qualitätsziele im integrierten Versorgungsszenario werden definiert, um die Grundlage für ein pfadbezogenes Qualitätsmanagement zu schaffen.Zielhierarchien
2QI-EntwicklungMit Blick auf die Zielhierarchie werden Qualitätsindikatoren zur Messung des Grads der Zielerreichung des Netzwerkverbunds identifiziert und/oder entwickelt. Dies schließt sowohl klinische Indikatoren als auch netzwerk- und patientenbezogene Indikatoren (z.B. Patient Reporte Outcome/Experience Measures – PROMs/ PREMs).Leitlinienbasiertes Vorgehen zur QI-Entwicklung
3Anwendung des Netzwerk-QI-SchemasFür die ausgewählten/entwickelten Qualitätsindikatoren werden alle Merkmale beschrieben, die für das patientenfad-bezogenen Qualitätsmanagement in einem integrierten Versorgungsszenario notwendig sind. Dazu müssen die Qualitätsindikatoren entsprechend eines vorgegebenen Schemas (Netzwerk-QI-Schema) strukturiert werden.Care4Saxony QI-Würfel und Vorlage Netzwerk-QI-Schema
4Pfadprüfung und -vorbereitungDie Anwendbarkeit der Methode auf die bestehenden Pfade für den betrachteten Patiententypen wird geprüft und, wenn nötig, werden Empfehlungen zur Pfadüberarbeitung gegeben und umgesetzt.Care4Saxony Checkliste zur Pfadprüfung
Helict Pa²D-Methode zur Entwicklung von Patientenpfaden (Richter and Schlieter, 2020)

Die Ergebnisse des Methodenteils „Qualitätsindikatoren und Pfadbereitstellung“ sind das definierte Netzwerk-QI-Schema für das spezifische integrierte Versorgungsnetzwerk sowie der positiv evaluierte Patientenpfad, der die Integration der Qualitätsindikatoren erlaubt. Diese beiden Ergebnisse dienen als Inputs für den sich anschließenden, zweiten Methodenteil.

Patientenpfade mit QI-Perspektive (Integration der QIs in Pfade)

Die Pa2QM-Methode stellt ein Werkzeug für das pfadgetriebene Qualitätsmanagement bereit, das es ermöglicht, Qualitätsaspekte als integrativen Teil des Patientenpfades darzustellen. Es handelt sich dabei um eine Erweiterung der in der Gesundheitsdomäne häufig zur Prozessmodellierung verwendeten Modellierungssprache BPMN (Business Process Model and Notation) um QI-Spezifika. Damit wird die Modellierung und Beschreibung von QIs direkt entlang des Patientenpfades ermöglicht und die Voraussetzungen zur Integration in Workflow-Management-Systeme oder in Monitoring-Dashboards im Qualitätsmanagement geschaffen.

Die Spracherweiterung zur Integration der QI-Perspektive in Pfadmodellen wurde wie folgt veröffentlicht:

Richter, P.; Schlieter, H. (2019): Process-Based Quality Management in Care: Adding a Quality Perspective to Pathway Modelling. In: H. Panetto, C. Debruyne, M. Hepp, D. Lewis, C. Ardagna, R. Meersman (eds.), On the Move to Meaningful Internet Systems: OTM 2019 Conferences, OTM 2019, Lecture Notes in Computer Science (LNCS) 11877, Springer, pp. 385-403.
[Science-Blog] [Details] [PDF]

 

Einen Einblick in die Anwendung der Spracherweiterung gibt der folgende Screenshot unseres angepassten BPMN-Modellierungswerkzeuges, in dem die QI-Perspektive umgesetzt wurde. Er zeigt die Integration von QIs und deren Verknüpfung mit Qualitätszielen im Pfadmodell im Anwendungsfall „Patientenpfad für Bauchspeicheldrüsenkrebs“.

QI-Perspektive in Pfadmodellen

Pfadbasiertes Qualitätsmanagement

Die einzelnen Instrumente der Pa2QM-Methode gliedern sich in die gängigen Qualitätsmanagementsysteme im Gesundheitswesen, wie die DIN EN ISO 9001:2015 oder ihre deutsche Fassung und Spezialisierung im Gesundheitswesen EN 15224:2016 ein und unterstützen deren Anwendung. Dadurch wird ein pfadgetriebenes Qualitätsmanagement möglich und ein kontinuierliches Qualitätsmonitoring entlang der definierten Patientenpfade durch ein Versorgungsnetzwerk umgesetzt. Auf diese Weise können Qualitätsschwachstellen zügig aufgedeckt und behoben werden.

 

Kommen Sie gern auf uns zu

Bei Fragen und Wünschen zur Anwendung und Umsetzung eines pfadbasierten Qualitätsmanagements in Ihrem Gesundheitsnetzwerk oder Ihrer Gesundheitseinrichtung kommen Sie gern auf uns zu!

Ansprechpartnerin: Peggy Richter | peggy.richter2@tu-dresden.de

 

Referenzen und Einsatz

         

QPath4MS

 

Literatur

Richter, P., & Schlieter, H. (2020, March). Paving the Way for Patient Pathways: Synthesizing a User-Centered Method Design with Results from a Systematic Literature Review. Proceedings of the 15th International Conference on Wirtschaftsinformatik. 15th International Conference on Wirtschaftsinformatik, Potsdam, Germany. https://doi.org/https://doi.org/10.30844/wi_2020_f6-richter